

Der SPD-Ortsbezirk Dorheim lud beim jüngsten Politischen Stammtisch zu einem zentralen Thema der Stadtentwicklung Friedbergs ein – der zivilen Umgestaltung der Kaserne. Ausgangspunkt war die im Auftrag der Stadt Friedberg entstandene Machbarkeitsstudie der Arbeitsgemeinschaft Arcadis Consult GmbH und Firu-mbH zur Kasernenkonversion. Der Konversionsausschuss hatte Mitte Juni einen Beschluss über die 75 Seiten starke Studie vertagt, da sie sich die Mitglieder erst der umfangreichen Lektüre zuwenden wollten.
Die Stadtplaner betonten damals, dass ihre Studie nur ein grobes Konzept und eine Empfehlung für drei mögliche Nutzungsszenarien (bestandsorientiert, bestandsunabhängig und gemischt) beinhalte. Nun sei der gelegte Rahmen mit Leben zu füllen und zu verdeutlichen, wohin für Friedberg die Reise gehen soll auf diesem Areal. Im Moment gehört das Gelände noch der Bundesanstalt für Immobilienangelegenheiten (BIMA), während die Planungshoheit bei der Stadt liegt. – Dass an diesem nun beginnenden Prozess aber nicht nur Kommunalpolitiker, sondern auch viele Bürgerinnen und Bürger Friedbergs interessiert sind, zeigte die große Resonanz auf die Stammtisch-Ankündigung. Das Kolleg des Thüringer Hauses war voll besetzt. Dorheims SPD-Ortsbezirk-vorsitzender Dr. Klaus-Dieter Rack hatte den Friedberger Fachmann zu diesem Thema, Dipl.-Ing. Michael Bender, als Referenten gewonnen, der sein Architekturstudium an der Bauhaus-Universität Weimar vor zwei Jahren mit einer Diplomarbeit zur Konversion der Kaserne abgeschlossen hatte.
Wie sich im Verlauf der zweistündigen Veranstaltung zeigte, gelang es Bender, die Machbarkeitsstudie und seine Projektplanung angemessen zu vergleichen, so dass es den eifrig diskutierenden Teilnehmern möglich wurde, Stärken und Schwächen, auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Ergebnisse herauszufiltern.
In Benders Arbeit sollte gerade der Norden der 74 ha großen Kaserne intensiv zum Wohnen von bis zu 2.500 Menschen genutzt werden, während die Arcadis-Studie Wohnbebauung nur als ergänzende, nicht aber als Leitnutzung vorsieht. Relativ deckungsgleich im Übrigen finden sich viele Parallelen in der Arcadis-Studie zu der zwei Jähre älteren Arbeit Benders – werden die Nutzungsmöglichkeiten für Schulen und Fachhochschule (Leitnutzung: Bildung) betrachtet, wobei nach Benders Ansicht eine FH-Ausweitung dort fast schon zu spät sei, angesichts der Neubauten der letzten Jahre an anderen Standorten. Hier hätte früher anders geplant werden müssen, auch können, so der Tenor etlicher Gesprächsteilnehmer.
Stark unterschiedlich wurde die Frage behandelt, wie viel Gewerbebetriebe in diesem zukünftigen Stadtviertel angesiedelt werden sollen. In der Arcadis-Studie wird in der bestandsunabhängigen Variante von einer bis zu 80%igen-Nutzung des Geländes durch Gewerbe ausgegangen, wobei Bender diesen Bedarf in Frage stellt. Relativ identisch sind indes wieder die Konzepte bezüglich der Errichtung eines Technologie- und Gründerzentrums (auch: Leitnutzung) oder auch der Grünflächen und Freizeitanlagen.
Qualitativ ist Benders Diplomarbeit bis heute weiter in Fragen der Wiederverwendung von erhaltenswerten Gebäuden aus den diversen Bau- und Nutzungsphasen der Kaserne seit 1913. Die Arcadis-Studie hingegen weist auftragsgemäß auch die möglichen Kosten der Nutzungsvarianten für Abriss oder (teilweisen) Erhalt von Kasernengebäuden auf, die zwischen 50 und 80 Millionen liegen, wobei mögliche Kosten für Sanierung von Altlasten oder Kampfmittelräumung noch völlig unwägbar sind. In Benders Diplomarbeit waren diese Aspekte nicht Forschungsthema, interessieren aber jetzt jeden potenziellen Investor.
Insgesamt eine sehr informative Veranstaltung, bei der u.a. Theo Wendel als Mitglied des Konversionsausschusses den Wunsch nach einer baldigen Bauleitplanung äußerte. Andere Teilnehmer wollten mehr Bürgerbeteiligung im weiteren Planungs- und Gestaltungsprozess, auch eine Gegenüberstellung der bisherigen Studien zur Kasernenkonversion und eine öffentliche Diskussion der Macher.